Wähle einen Beruf, den du liebst, und du brauchst keinen Tag in deinem Leben mehr zu arbeiten.
Konfuzius
Studiert man neuere Managementliteratur highlighten sich Schlagworte wie neue Werte- und Fehlerkultur, New Work, Agilität, Disruption und bedürfnisgerechtes Führen. Schön und gut und vor allem klangvoll, doch was ist das?
Was ist bedürfnisgerechtes Führen?
Vielleicht kommt die Frage zu früh, gehen deren Klärung doch zwei Antworten voraus, nämlich auf die Frage nach den Bedürfnissen und dem damit verbundenen Führen.
Bedürfnisse entspringen individuellen Gefühlen und bedürfen geeigneter Strategien, um befriedigt zu werden. Sie lassen sich auch mit intrinsischen, also aus uns selbst kommenden Motivationen vergleichen, denen nachzugehen uns energetisiert und glücklich macht. Lebst du also nach deinen Bedürfnissen und damit Motiv(ations) gerecht, erlebst du ein wertestabiles Glück. Dabei sind Werte meist von unserer Umwelt beigesteuerte Regeln, die uns im Leben leiten und manchen Glaubenssatz bedingen. Anders als Bedürfnisse sind diese jedoch ebenso frei wählbar wie verzichtbar und damit abänderbar.
Wer jetzt einwendet, dass er auch auf Bedürfnisse verzichten könne und dabei an die fälschlicherweise Maslow zugeschriebene Bedürfnispyramide denkt, dem nicke ich zu und sage: stimmt, verzichten kann ich auf nahezu alles und doch lebe ich dann nicht nach meinen Bedürfnissen, sondern verzichte auf sie. Das ändert jedoch nichts an ihrer Existenz und Bedeutung für mein Werteglück.
Anders als Werte hat jeder Mensch die gleichen Grundbedürfnisse. Worin wir uns individuell unterscheiden ist der Grad der ersehnten Bedürfniserfüllung. Ein harmoniebedürftiger Mensch tritt weit weniger gern in den Wettstreit mit anderen als der, dessen Bedürfnis der Sieg ist, wissend, dass es dann auch Verlierer gibt. Mit dem Grad nach Anerkennung verhält es sich ähnlich. Auch hier braucht die eine das Lob wie der Fisch das Wasser und der andere, dass man ihn mit Bewunderung in Ruhe lässt. Beiden ist Anerkennung wichtig, nur in unterschiedlichem Maße.
Sicherheit, Stimulanz, Bedeutsamkeit, Verbundenheit und Mitwirkung, um nur eine Handvoll zu nennen, die uns das Leben zum Himmel oder zu Hölle machen, je nachdem wieviel wir davon bekommen und uns im Gleichgewicht der Bedürfniserfüllung befinden.
Was aber heißt das für das Arbeitsumfeld und die dort erlebte Führung?
Mitarbeiter sind wie auch Führungskräfte in erster Linie Menschen. Diesen Status geben sie weder an der Stechuhr noch bei der Erfüllung ihres Arbeitsvertrages ab. Psychologische Experimente, ich erinnere nur an den legendären Milgram oder das Stanford Prison Experiment, haben aber gezeigt, dass obige Tatsache beileibe keine Selbstverständlichkeit ist, sobald die hierarchischen Rollen festgelegt sind.
Entsprechend anspruchsvoll kann sich auch das Miteinander von Mitarbeiter und Führungskraft gestalten, in dessen Verlauf Konflikte immer dort entstehen, wo die Bedürfnisse des Einzelnen missachtet werden. Das geht eine Zeitlang gut, meist solange wie extrinsische, also von außen kommende Motivationen greifen und unsere Willenskraft aktivieren. Fallen diese äußeren Antreiber wie Lob, Bonuszahlung, Statussymbol, Strafandrohung oder Appell an unsere (betriebliche) Ehre weg, erlischt das Interesse an der Pflichterfüllung fast ebenso schnell und wir sinken deutlich unter den ursprünglichen Wert unserer einst inneren Motivation. Motivationsjunkies auf Entzug sind der Tod eines jeden Unternehmens. Deshalb sollten Sie als Führungskraft gar nicht erst versuchen, mittels externer Zucker- oder Peitschenspiele zu führen.
Was treibt Ihren Mitarbeiter früh aus dem Bett und in der Arbeit an, sein Bestes zu geben? Worin sind er oder sie gut, weil sie es aus sich heraus gern tun und dabei in den berühmten Flow kommen? Welche Stärken verstecken sich hinter Neigungen und Talenten und blieben als Ressource von der Führungskraft bislang ungenutzt?
Wer sich diesen Fragen öffnet, wird bei seinem Team offene Türen einlaufen und mehr zur Firmenkultur beitragen, als es das jährliche Sommer- oder Weihnachtsfest und die Gratisäpfel an der Pforte können. Dann nämlich kommen sich Führungskraft und Mitarbeiter wirkliche nahe, erleben einander als Verbündete und spüren, dass Arbeit Freude bereiten kann und nicht ohne Grund lebensnotwendig ist.
Und es ist leicht.
In jedem Team finden sich Mitarbeiter, die gern für sich allein arbeiten, die hochkonzentriert ihr Ding machen und vom After-Work-Austausch mit Kollegen verschont bleiben wollen. Stecke ich diese in ein quirliges Großraumbüro oder zwinge sie auf die Bühne der Firmenprämienverleihung kann ich mir als Führungskraft die innere Kündigung gleich persönlich abholen.
Nicht anders verhält es sich mit Kollegen, die sich ihrer Arbeit unsicher sind und es gern haben, wenn sich der Chef nach ihrem Tun erkundigt und anerkennend nickend stehenbleibt, wenn sie mit großen Augen fragend im Büro umhersehen. Bambi braucht keinen Förster als Chef, sondern Klopfer und der neugierige Mensch am Schreibtisch gegenüber mindestens eine Fortbildung im halben Jahr, um seiner Wissbegierde nachkommen zu können. Dann liefert der auch überdurchschnittlichen Output, der die Seminarkosten um ein Vielfaches wieder einspielt.
Zahlen sind nicht jedermanns oder -fraus Sache und dennoch in vielen Unternehmen unverzichtbar. Was also läge näher, als genau den Mitarbeiter damit zu befassen, der Struktur liebt und unter Ordnung eine sauber gerechnete Excel-Tabelle versteht. Stellt man dem dann noch einen Regel-Enthusiasten an die Seite, läuft das Controlling fast wie von selbst. Zeit also, den Kreativen im Team Zeit und Wiese für neue Ideen, ertragreiches Brainstorming und disruptive Planspiele zu geben. Umsetzen können das dann die Flexiblen, während die Stressresistenten das der Verlagsleitung schmackhaft machen.
Der sich dann einstellende Erfolg will gefeiert werden, wenn auch nicht von jedem. Die aber, denen Gemeinschaft, Teamgeist und Beziehungen ein echtes Anliegen sind, können damit wahre Wunder bewirken und viel für das kollegiale Miteinander tun. Vorausgesetzt man lässt sie und argwöhnt nicht hinter jedem Kaffeegespräch Arbeitszeitmissbrauch. Denn für all das ist neben der Bereitschaft, sich als Führungskraft mit seinen Leuten zu beschäftigen, auch das Vertrauen wichtig, dass jeder dort sein Bestes tut, wo er oder sie sich wohlfühlt.
Das ist wie Wasser für Pflanzen. Fehlt es daran, helfen weder Dünger, Licht noch Co2, um das Überleben zu sichern. Auch ein Mehr der bereitstehenden Angebote vermag die Pflanze nicht vor dem Austrocknen zu bewahren. So geht es auch Ihren Mitarbeitern, wenn Sie deren Bedürfnisse ignorieren und ihnen lieber beim Austrocknen zusehen. Da können Sie noch so viel Boni oder Abmahnungen anbieten, das Ergebnis bleibt unter Ihren Erwartungen und den Möglichkeiten des Mitarbeiters.
Die jahrelange Arbeit mit Persönlichkeitsanalysen und deren Auswirkungen auf die Lebensfreude und Arbeitsbereitschaft der befragten Menschen hat mir deutlich gezeigt, dass nicht ohne Grund 85% der deutschen Angestellten (Gallup Studie) Dienst nach Vorschrift machen oder die innere Kündigung bereits eingereicht haben. 90% von denen geben als Grund mangelnde Führung an und Ihnen damit die Chance, die übrigen 15% der Engagierten in Ihrem Unternehmen zu versammeln. Gute Führung ist Dienstleistung am Mitarbeiter und damit der beste Weg zum Erfolg.
Denn nur glückliche Mitarbeiter sind erfolgreich und glücklich werden sie, wenn Sie als Führungskraft die individuellen Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter wahrnehmen und ihnen dabei helfen, diesen in der täglichen Arbeit nachzukommen. Und ja, für Sie als Führungskraft gilt das Gleiche…sagen Sie das Ihrem Chef.